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Impressionists & Modern Art, 19th/20th Century Paintings

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499 CARL FRIEDRICH

499 CARL FRIEDRICH MORITZ MÜLLER, GENANNT „FEUERMÜLLER“, 1807 DRESDEN – 1865 MÜNCHEN Seinen Beinamen Feuermüller verdankt der Maler den Stimmungseffekten, mit denen er seine nächtlichen Genrebilder in Kerzenbeleuchtung zu tauchen vermochte. Diese Art der Darstellung war in der Malerei durchaus nicht neu. Bereits im 17. Jahrhundert hatten die Maler Georges de la Tour oder die Gruppe der „Candellight“ – Maler, dann auch Gottfried von Schalcken diese Effekte kultiviert. Im 19. Jahrhundert hat der gleichaltrige Belgier Pieter van Schendel (1806-1870) sich ebenfalls nächtlichen Gruppenbildnissen bei Kerzen licht gewidmet. Jetzt ging es nicht mehr allein um die raffinierten Lichteffekte, sondern vor allem um die Dokumentation des Volkslebens, des Genres also. Müller hatte bereits in Dresden bei seinem Vater, dann bei Friedrich Matthäi studiert, um als Porträtist und Kirchenmaler in Zittau zu wirken, zog jedoch alsbald in die Kunststadt München. Den politischen Ereignissen der Zeit entsprechend, widmete er sich – wie Defregger – mit seinen Bildthemen etwa den Tiroler Befreiungskriegen. So entstand 1834 die „Szene aus dem Tirolerkriege“, oder 1847 „Andreas Hofer auf der Flucht“. Müllers Empathie für die durch Politik und die Zeitverhältnisse zu dieser Zeit stark betroffene Gesellschaft ist seinen Werken anzusehen. Dies zeigt sich auch in dem hier vorliegenden Werk, dessen Thematik sich nahezu versteckt auf einer Schrifttafel am Opferstock in dieser Kirche offenbart: „Gedenket der Armen!“. GEDENKET DER ARMEN Öl auf Leinwand. Doubliert. 139 x 119 cm. Links unten signiert, ortsbezeichnet „München“ und datiert „1860“. In vergoldetem Rahmen mit rundbogigem Abschluss mit Blütenrelief. Erst die genauere Betrachtung der Darstellung verrät uns einiges. Nicht zufällig hat der Maler ein rundbogiges Format gewählt, das auf den Bildinhalt – nämlich das Kircheninnere – verweist. Wände und Kanzel zeigen sich auffallend schlicht. Das entspricht auch dem Habitus des Predigers, der in brauner Kapuzinerkutte zu erkennen ist und somit einem Bettelorden angehört. Die Tafel auf einem Opferstock links mahnt im Halbdunkel „Gedenket der Armen“. Erst in diesem Zusammenhang wird deutlich, dass die zum Teil festlich gekleidete Gemeinde im Raum vielfach im Gegensatz zu denen steht, die in der mahnenden Predigt gemeint sind. Man darf nicht vergessen, dass die Zeit, in der Feuermüller dieses Bild schuf, durchaus geplagt war von großen sozialen Verwerfungen. 1859 hat der Österreicher Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865) sein berühmt gewordenes Bild „Die Klostersuppe“ geschaffen. Dort fiel die Gesellschaftskritik heftiger aus. Feuermüller dagegen bedient sich einer feineren Psychologie. Jedem Gesicht, jeder Haltung der einzelnen Figuren ist eine ganz individuelle Reaktion auf die Mahnungen des Predigers abzulesen. Betroffenheit liegt im Blick der gut genährten Frau im Bildzentrum, wohingegen eine in Witwenschwarz Gekleidete links daneben ein Tränentuch hält. Ein kleines Mädchen blickt traurig-fragend zu einem Mann mit Schirm unter dem Arm hoch, vielleicht ihr Großvater, der wohl einiges erlebt hat. Als weit weniger mitempfindend hat der Maler einige Männer am rechten Bildrand charakterisiert. Man mag hineininterpretieren, welche Gedanken sich hinter diesen Gesichtern verbergen. Eher kritisches Nachdenken verrät der bärtige Mann am Fuß der Kanzel. Ein Dorflehrer vielleicht. Völlig mit sich selbst beschäftigt, und noch fern all dieser Zeitprobleme, zeigen sich die beiden kleinen Mädchen im Vordergrund, die ein Heiligenbildchen vors Kerzenlicht halten, beobachtet von einem Knaben. Derlei Beobachtungen lassen sich bei sämtlichen der ins Bild gesetzten Figuren machen, wie etwa auch die Lokalisierung der Darstellung durch die Trachten, vor allem der grünen kegelförmigen Hüte, wie sie im Voralpenland und Tirol anzufinden war. Das Psychologisieren im Genrebild wurde im 19. Jahrhundert zum eigentlichen Sinn dieser Bildgattung. Darin – und keineswegs nur in der realistischen bestaunenswerten Naturalistik der Lichteffekte – liegt die Leistung des Malers und die Bedeutung des Bildes. Anmerkung: 1834 erwarb König Ludwig I von Bayern eine „Szene aus dem Tiroler Krieg 1809“ (München, Neue Pinakothek, Inv.-Nr. WAF 691). Literatur: Vgl. Horst Ludwig, C.F. M. Müller, in: Bruckmanns Lexikon der Münchner Kunst (im 19. Jahrhundert), Bd. 3, S. 189 f. Vgl. Alexander Rauch, Klassizismus und Romantik, Europas Malerei zwischen zwei Revolutionen, Köln 2000, S. 318. (14101017) (11) 154 HAMPEL ONLINE Visit www.hampel-auctions.com for around 7.000 additional images.

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