Dem Thema einer Hochzeit gemäß hat der Künstler das erste Menschenpaar, Adam und Eva im Paradies, als Hauptgegenstand augenfällig gemacht: das Paar unter dem Paradiesbaum neben einer großen Gestalt Gottvaters. Erst im hohen Unterteil des Schnitzwerkes wird das höfische Ereignis als Erinnerungsszenerie figürlich inszeniert. Es ist der höfische Hochzeitszug zur Vermählung von Jadwiga (Hedwig) Jagiellonica (1457-1502) der Tochter des Königs von Polen, Kasimir IV Andreas (1427-1492) mit Georg dem Reichen (1455-1503), Sohn des bayerischen Herzogs Ludwig dem Reichen (1417-1479). Diese Landshuter Hochzeit wurde am 14. und 15. November 1475 gefeiert. Hinter dieser Vermählung stand auch die politische Absicht, eine Stärkung der Verbindungen zu Osteuropa zu erreichen. Dies förderten Ludwig IX und Kaiser Friedrich III, der dem Fest beigewohnt hatte. Die eheliche Verbindung wurde in Krakau lange vorbereitet. Die 18-jährige Braut hatte bis zum Eintreffen in Landshut eine zweimonatige Reise zu unternehmen, durch die Pest in Wittenberg verzögert, über Posen, Berlin, Leipzig, Eger und Regensburg. Brautführer war Otto II von Neumarkt, Cousin des Bräutigams. Fürsten und Bischöfe waren geladen, darunter Albrecht Achilles von Brandenburg als Hofmeister und Redner, oder Pfalzgraf Philipp. Die Trauung in St. Martin vollzog der Salzburger Erzbischof Bernhard von Rohr. Der sonst eher zurückhaltende Kaiser Friedrich III selbst eröffnete mit der Braut den Hochzeitsreigen. Ein mehrtägiges Fest folgte, das auch wegen der Reiseverzögerungen und Bewirtung der etwa 9000 Gäste (bei 7000 Einwohnern Landshuts) die enorme Summe von 61.000 Gulden (über 20 Mio. Euro) gekostet hatte (200.000 Eier, 11.500 Gänse, 40.000 Hühner und 323 Ochsen wurden verspeist, 20 Seiden-Schneider waren beschäftigt). Wie bedeutend das Ereignis war, zeigen auch noch die späteren Erinnerungen: Ab 1880 wurde der Prunksaal im Landshuter Rathaus neugestaltet und mit großformatigen Wandbildern dieser Hochzeit ausgestattet, geschaffen von Münchner Künstlern. 1902 wurde dazu der Verein Die Förderer gegründet. In diesem Zusammenhang dürfte auch das vorliegende Schnitzwerk schon einige Jahre vorher in Auftrag gegeben worden sein. Das vorliegende museale große Bildwerk wurde höchst meisterhaft in Buchsholz geschnitzt. Der Unterrand verrät, dass es ursprünglich in einem weit größeren, möglicherweise silbernen Prunksockel eingestellt war, die geschnitzte Szene des Festzugs in Augenhöhe. Die Gesamtgestaltung folgt dem Wuchs des in dieser Größe seltenen Holzmaterials. Die Sockelpartie, die sich über sechsseitiger Plinthe erhebt, trägt einen weit hochziehenden Paradiesbaum, zwischen Zweigen und Blättern besetzt mit Vögeln, Kleintieren und einem Äffchen in den Zweigen, Eidechsen, Schildkröte oder Falke, zuoberst ein Nest mit einem Storchenpaar, wohl Andeutung auf die Nachwuchserwartung. Seitlich des Baumes die Gottvaterfigur schwebend, in lang herabfließendem Mantel, über dem Haupt ein Scheibennimbus. Die Haltung verrät die Distanzierung gegenüber dem ersten Menschenpaar nach dem Sündenfall. Das langbärtige Gesicht mit Blick auf Eva, die sich in bittend flehender Haltung erhebt. Davor liegt Adam schlafend, den Kopf auf ein Blattbüschel gelegt, die Lider träumerisch geschlossen, die Brauen jedoch ahnend hochgezogen. Neben ihm am Boden die verbotenen Früchte des Baumes. Neben seinem angewinkelten Bein an der Baumwurzel die Schlange der Verführung. Hinter seinem Rücken liegt ein Lamm – Verweis auf die in der Bibellegende folgenden Opferungen. Rückseitig auf dem Rasen ein Kaninchen, das alttradierte Symbol der Erotik, aber auch der Fruchtbarkeit. In der Sockelzone wird das mittelalterliche Hochzeitsereignis illustriert. Wie um einen Felsblock zieht ein Reitertross nach links mit einherschreitenden Musikanten. Angeführt wird der Zug durch den reitenden Brautführer (Otto II von Neumarkt), der einen Hochzeitskranz auf seiner Lanzenspitze hochhält, auf seiner Brust ein Schild mit dem bayerischen Wappen, auf seiner Satteldecke ein Allianzwappen mit den drei Helmen, dem Stadtwappensymbol Landshuts und dem Pfälzer Löwen. Dahinter Musikanten, gefolgt vom Brautpaar auf Pferden. Die Braut, mit wehendem Kopfschleier weist mit dem Zeigefinger in Richtung des Kirchenportals. Es folgen zwei geharnischte Reiter, die Satteldecke zeigt hier das Allianzwappen Polen- Bayern. Danach weitere Ritter, die nun in perspektivischer Verkleinerung aus einem Bogen des Stadttores heranziehen. Das Ziel des Zuges, der von schwebenden Engeln mit Musikinstrumenten begleitet wird, ist das Kirchenportal an der Rückseite der Plastik. An den Portalstufen ein Bettler, im Kircheninneren erwartet ein Bischof (gemeint ist Erzbischof von Salzburg, Bernhard von Rohr) den Hochzeitszug. Ebenso fein im Relief geschnitzt die Landschaft im Hintergrund, die architektonischen Details, wie etwa die Zuschauer über den Burgzinnen oder die Bögen über den seitlichen Säulen auf Löwen, sowie das Tympanon mit Darstellung einer Marienanbetung. Die heraldischen Details liefern historische Verweise auf das Thema: Auf der Satteldecke des vorausreitenden Brautführers (Otto II von Neumarkt) ein Wappen mit drei Helmen (Landshut), darunter ein Löwe nach links (Pfälzer Löwe). Auf seinem Brustschild ebenfalls die bayerischen Rauten. Einer der dem Paar folgenden Reiter trägt eine Fahne mit dem polnischen Adler und drei Rauten, die auf Bayern verweisen, als Allianzsymbol. Dasselbe heraldische Symbol auf der Satteldecke. Im Portalgiebel zwei weitere kleine (ungeklärte) Wappen. Translate all texts into your preferred language on our homepage via Google: www.hampel-auctions.com 113
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